Enzymes ISSN 1867-3317

Zukunft einer Idee.
A. Poleev. The future of one idea. Enzymes, 2007. pdf

"Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.
Dasselbe war im Anfang bei Gott."
Johannes-Evangelium 1,1-2 nach Martin Luther

Zusammenfassung. Zu Paradigmen der Vergangenheit gehörten Vorstellungen von der Seele, der eine selbständige Existenz zugeschrieben wurde. Es schien unmöglich, sich vorzustellen, wie der menschliche Geist den Körper ergreift, wie er sich in der Folge der Generationen erhält, und wie er weitergegeben wird. Zum Anfang des 21. Jahrhunderts trugen verschiedene Wissenszweige dazu bei, die Trennung zwischen Leib und Seele aufzuheben, und die neuen Fragen über das menschliche Wesen zu formulieren.
Das Bewußtsein der Menschen formt sich aus dem Zusammenspiel zwischen einem präformiertem Substrat und den Umwelteinflüssen, die seine morphogenetische Prägung modifizieren. Der Mensch ist Produkt eigener Kulturarbeit, die schrittweise und über eine lange Zeit erfolgte. Teil dieser Kulturarbeit war die Entwicklung der schriftlichen Sprache, welche ermöglichte, die Richtung eigener epigenetischen Prägung zu bestimmen. Diese Selbstbestimmung fand ihre konventionelle Form in Religionen. Das Manuskript versucht, die Ursprünge des Christentums zu ergründen, neu zu bewerten, und seine Zukunft zu prognostizieren.


Die Zerstörung des Tempels - Die Zeitwende

Das Christentum erlebt eine beispiellose sinnliche Krise, die am deutlichsten sichtbar wird, wenn man die Massen bei den kirchlichen Veranstaltungen beobachtet, die sich in ihrer Zahlenmäßigkeit, im Fanatismus und in ihren Verhaltensweisen kaum von denen unterscheiden, die sich bei den Fußballspielen versammeln. Mit dem Unterschied, daß die ersten den Papst und die letzten den Ball verehren. Eine solche Indifferenz ist bedrückend, besonders wenn man die Glanzzeit des Christentums und seine ursprünglichen Intentionen ins Auge fasst.

Die kanonisierte und gefestigte Dummheit und Realitätsfremdheit der bibeltreuen Massen übertrifft noch die der Fußballfans, die gar keine Bibel haben oder nicht einmal lesen können, und nur an Zusammenkunft und Biertrinken interessiert sind. Die altbekannte Methode zur Beherrschung der Massen, mit Brot und Spielen, ist in der Gegenwart sogar von der Notwendigkeit abgekommen, das tägliche Brot zu verdienen. Das neue Rom, die Europäische Union, die sich trotz Sinnlosigkeit des territorialen, wirtschaftlichen und Bevölkerungswachstums, ihre imperiale Ziele unnachgiebig verfolgt, riskiert dadurch, in den massengesellschaftlichen Wahn und in die Totalität abzustürzen, wie das schon in den früheren Zeiten mehrmals passierte. Intellektuelle, welche die Gefahren einer solchen Entwicklung übersehen, können ihre Position mit dem wohl bekannten Satz beschreiben: „Nach uns ist die Sintflut!“

In der Gegenwart und in der EU wurde Christentum von der Politikwissenschaft abgelöst, die Kirche von zahlreichen demokratischen Instituten verdrängt und die christliche Moral entartete sich in der Gesetzgebung und im Rechtssystem. Was bleibt von den Ideen des Christentums nach 2.000 Jahren übrig? Ich würde behaupten: Gar nichts, außer entweihten und sinnlos gewordenen Fassaden, hinter denen kein Inhalt mehr vorhanden ist. Die Kirche ist zum Tummelplatz des bunten Aberglaubens geworden, zu einem Pop-Kult. Mit echter Religion hat das nur noch wenig zu tun.

Dieses Gebäude war aber über lange Zeit lebendig. Sie muß nur zum neuen Leben erwachen, mit neuen Inhalten und mit neuen Gläubigen gefüllt werden. Bis heute blieben die Versuche, das zu realisieren, weitgehend ergebnislos, die Strategien schlugen fehl, die Bemühungen gingen ins Leere. Woran liegt das eigentlich? Die Frage ist nicht schwer zu beantworten: Das liegt an der Kirche selbst. Sie selbst steht sich im Weg und behindert den Neuanfang, der immer neu stattfinden muß, wenn man weitergehen und weiter bestehen will. Es fehlt nicht an dem Willen zur Macht, sondern an dem Wille zum Weiterleben, zum Überleben, zum Fortbestehen. Das Christentum muß sich neu erfinden, um nicht in der Vergangenheit zu bleiben und nicht zur Vergangenheit zu werden. Bekanntlich geben reproduktive Funktionen im Alter nach oder entarten sich in Perversionen. Waren 2.000 Jahre genug, um jetzt aufzuhören und zu verschwinden? Ja, in dieser Form wie bis heute. Nein, wenn man die immer noch gültigen Aufgaben berücksichtigt. Die Zeit wird nie kommen, sich aus der Verantwortung zu ziehen und Menschen (sicherlich nicht allen Menschen!), die nicht befähigt sind, selbständig zu denken und zu handeln, sich selbst zu überlassen.

Diese grundsätzlichen Aufgaben sind nicht neu, die Lösungen müssen allerdings in vielerlei Hinsicht neu und innovativ sein. Diese Lösungen können gesehen werden, wenn man den Rückblick auf die Vergangenheit des Christentum, auf seine Ursprünge, aus der Perspektive der Zukunft wagt (K 758, 769-770).

Nichts ist beständiger als der Wamdel. Charles Darwin.

Es fing nicht dort und nicht so an, wie man es früher vermutete. Religiöse Vorstellungen der Menschen haben ihren Ursprung in spezifisch menschlicher Reproduktionsweise, im Ablauf der Ereignisse nach der Geburt bis zur sexuellen Reife. Die Säuglinge erfahren die Welt als eine absolute Abhängigkeit von den Eltern, als ihre absolute Ohnmacht gegenüber elternlicher Übermacht. Die elternliche Übermacht, die zu Willkür wird, die als eine abweisende, traumatisierende oder unangenehme Qualität erlebt wird, führt zur Stärkung des religiösen Empfindens. Wenn juvenile Erlebnisse positiv, ausgeglichen und überhaupt vorhanden sind, dann kann das die psychische Ausgeglichenheit und das Selbstvertrauen begünstigen. Die übermäßige Nähe zwischen Eltern (Erzieher) und Kind kann sich im erwachsenen Alter als eine zwanghafte Suche nach den Ersatzbeziehungen bzw. Tätigkeiten fortsetzen, und in Extremfällen, wenn kein adäquater Ersatz gefunden wird, die Entwicklung von Verhaltensstörungen ermöglichen. Mancher, der nicht erwachsen werden will, und sich nach der Pubertät immer noch als Kind fühlt, unabhängig davon, ob er sich das zugesteht oder nicht, und mehr noch: Weil er in der Welt der „Erwachsenen“ nicht klar und zurecht kommt, wird die Nähe zu Kindern suchen, sei es als Pädagoge, Pädiater oder Vater. Eine solche Infantilität kann in die Intimität übergehen und zur Pädophilie entwickeln, die als Extremfall der „Kinderliebe“ und des Narzismus angesehen werden kann.

Letztendlich, spielen andere Faktoren eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Religiosität: Die Umweltverhältnisse (naß, kalt, dunkel u.d.g.), das soziale Umfeld (familiäre und gesellschaftliche Umgebung), der Rhythmus des Lebens u.d.g.

Zusätzlich zu diesen biogenetischen Ursprüngen der Religiosität sind die kulturellen Einflüße von Bedeutung, unter denen das Bewußtsein sich formt. Sie sind vergleichsweise prägend: Es ist immer ein anderes Pferd oder anderer Himmel, die jeder Einzelner in seinem Gedächtnis hat. Die persönliche Welt des Individuums ist immer anders als bei den anderen. Besonders die prägendsten Eindrücke der Kindheit spielen eine übergeordnete Rolle bei der Entwicklung und in der Wahrnehmung. Kein Wunder, daß die katholische Kirche oder die auf deren Platz gekommene Institutionen die kindliche Entwicklung kontrollieren wollten. Schlimm wurde, wenn diese Intention zu übermächtig war, und das Individuelle unterdrückte und würgte, statt es zu würdigen. Viele Generationen erlebten die kirchliche oder auch elternliche oder staatliche Übermacht als eine der negativsten Erfahrungen in ihrem Leben, viele Menschen gingen daran zu Grunde. Eine solche Haltung der Kirche widersprach ihrer eigenen Dogmatik und der Wertvorstellungen (entsprechend ist der Autoritätsbegriff widersprüchlich aufgefasst: K1899, 1902-1903). Es war immer die Geschichte des Christentums, daß jemand dem Unrecht, der Gewalt und dem Massenwahn allein widerstand, und es war die Aufgabe der Kirche, diesen Widerständigen, aus-dem- Grab-auferstandenen, eine angemessene Unterstützung zu leisten, was nur selten der Fall war.

Abhängig davon, wie die juvenile Phase verlaufen ist, ist die Religiosität unterschiedlich ausgeprägt und prädisponiert. In der Zeit vor, während und nach der Pubertät wird diese Prädisposition durch kulturelle Einflüße weiterentwickelt bzw. gehemmt. Adäquate Vermittlung der Realität verhindert religiöse Zwanghaftigkeit. Ausüben religiöser Praktiken, ob das innerhalb traditionellen Religionen oder innerhalb ideologischer Konstrukten wie z.B. Marktwirtschaft geschieht, stärken religiöse Verhaltensmuster. Der Staat und seine zahlreichen Amtsträger - Präsidenten, Richter, Generäle, Manager, Professoren, Kirchenväter, Familienoberhäupte u.d.g. - stellen Projektionen infantiler Religiosität dar, die sich im Laufe der Generationen wie eine familiäre Krankheit erhält und weitergegeben wird.

Religiöse Empfindungen und Vorstellungen sind physiologische und strukturelle Relikte präpubertärer Entwicklungsphasen, und formen sich, wie schon geschildert, im Kontext genetischer und epigenetischer Ereignissen. Infantile Komplexe, wenn sie nicht regelmäßig überwunden werden, prägen das Verhalten auf eine dramatische Weise. Bei den Heranwachsenden müssen diese Komplexe mit entsprechenden Übungen korrigiert werden, damit die Wahrnehmung der Realität möglichst frei davon bleibt. Insbesondere in den Eltern-Kind-Beziehungen muß rechtzeitig ein Schlußstrich gezogen werden, um die Entwicklung in Richtung Autonomie nicht zu behindern. Aus der Ambivalenz der Gefühle während dieser Entwicklungsphase entstehen situationsbedingte Konflikte, die mehr oder weniger krisenhaft verlaufen.

Zur Entstehung und bei der Erhaltung religiöser Vorstellungen trugen zweifellos die domestizierende Experimente bei. Unter dem Einfluß von Erfahrungen, die durch Tierhaltung und Kultivierung von Pflanzen gesammelt wurden, entwickelten sich Vorstellungen, daß man mit den Menschen genauso wie mit Vieh umgehen kann, über sie unbegrenzte Macht ausüben und sie für eigene Zwecke verwenden kann. Zusätzlich machten juvenile Verhaltensprägungen und infantile Weltvorstellungen die Verhältnisse der Sklaverei zur bleibenden gesellschaftlichen Realität. Nachdem das gemeine Menschenvolk mit den Homosexuellen so grausam umgegangen ist, und die Tiere so schwer mißhandelte, bleibt nur zu hoffen, daß sie den Menschen bessere Umgangsformen beibringen und von ihrer zwanghaften Zeugungslust heilen.

Wer oder was in dieser Welt herrscht, bedarf der Klärung. Gastronomisch gesehen sind die Menschen nie aus der Phase der Säuglinge herausgekommen (aber intellektuell?, 1), die übermäßige Milchproduktion spricht dafür. Andererseits stellt diese Industrie ein grenzenloses Reich für die Vermehrung und Erhaltung lactophiler Bakterien dar; die Industrie selbst wurde zum Teil von diesen Bakterien geformt. Gleichfalls, abgesehen von den Menschen, nehmen nur wenige pflanzliche oder tierische Arten eine dominierende Stellung ein, und erweitern ihren Lebensbereich durch die Kulturtätigkeit der Menschen. Die Ergebnisse einer solchen Verdrängungsarbeit sind zu beklagen und aufzuhalten.

Eine besondere Stellung in dieser unreflektierten Kulturarbeit nimmt die Tabak-Pflanze ein. Die rituelle Bedeutung und die Gebrauchsregeln des Rauchens in der indianischen Kultur sind in die Vergessenheit geraten, so daß die Bepflanzung von Tabak, die industrielle Herstellung von Zigaretten und die weltweite Verbreitung des Rauchens aus dem historischen Kontext herausgefallen sind. Die Zahl der Opfer infolge dieser Amnesie spricht dafür, daß dieses Unheil als die Rache der Indianer an den weißen (aber keinesfalls weisen) Mann aufgefasst werden kann.

Im Prozess der Kultivierung entdeckte man noch, daß die Menschen scheinbar unbegrenzt geformt werden können: Man kann sie zu Tieren degradieren, zu einer Gruppe vereinen, zum König krönen oder vernichten, ohne daß man diese Möglichkeiten moralisch bewertete. Die gegebenen Realitäten sind für die Zeitgenossen meistens undurchschaubar: In einer Monarchie waren die Verhältnisse eine unumstößliche Realität, die eine naturgegebene Ordnung der Dinge repräsentierte, ein vom Gott gegebenen Schöpfungsplan, den man mit allen Kräften und bis zur Erschöpfung erhielt und verteidigte. Zu diesem Plan gehörten gleichfalls Kriege, Hinrichtungen, Hungersnöte und Epidemien. Erst nachdem man sich an die Gründe und die Ursprünge eines solchen Verhaltens und der gesellschaftlichen Ordnung erinnerte, versuchte man, das eigene Verhalten zu ändern und die strukturellen Änderungen des gesellschaftlichen Lebens vorzunehmen.

Es wäre interessant abzuschätzen, welchen Anteil S. Freud und K. Marx an der Revolutionen Anfang des 20. Jahrhundert in Europa hatten. Das Christentum wurde abgesetzt, der Absolutismus wurde untergraben, stattdessen kamen Demokratie und die Verehrung von Götze „Arbeit“ auf, als die neuen religiösen Empfindungen der Massen, die sich einbildeten, endlich im Besitz der Wahrheit zu gelangen. Die ergreifenden, besitzenden Instinkte, genauso wie die immanenten sprachlichen Defekte (haben, sein u.d.g.), spielten bei dieser Umwandlung eine untergründige Rolle und zeigten dabei ihre Stärke. Die Massen wurden bloß von den tierischen Instinkten getrieben, obwohl sie daran glaubten, die Geschichte in eigener Regie zu führen und ihre Schicksale in eigenen Händen zu halten. Nichts geschieht öfter als die Selbsttäuschung, und nichts ist mächtiger als der von der Besessenheit ergriffene Geist. Der fanatische Glaube an die Grundsätze, die für Wahrheit gehalten werden, die axiomatische Reduzierung der Welt waren regelmäßige Folgen der Überschätzung geistiger Kapazität, Intelligenz und Wahrnehmung der Menschen, die sich schon öfter für die Götter gehalten haben. Axiomatisch begründete Logik und die darauf aufgebauten Vorstellungen über die Welt sind ein Hindernis für die Wahrnehmung, für den Gedankenfluß, für die Kontinuität des Lernens, des Fragens und des Antwortgebens.

Wenn etwas für wahr gehalten wird, dann ist dies nichts anderes als eine Teilwahrheit, ein Teil der Welt und Teil der menschlichen Erkenntnisse. Es besteht kein Grund, diese Wahrheiten zu kanonisieren, einen Kanon der Wahrheiten daraus zu konstruieren und diesen zu vergötzen, wohl aber mit diesen Teilerkenntnissen zum Gesamtbild der Realität beizutragen, wie ein Maler mit Pinselstrichen ein Bild immer mehr vervollständigt und zur Vollkommenheit bringt. Nachdem ein Bild fertig gestellt wird, malt er das nächste Bild, so daß die Vorgänge sich wiederholen. Diese selbstgemalten Bilder, im Gegensatz zu den flüchtigen Bildern des Fernsehens und des Internets, vervollständigen die innere Realität des Malers, jedes Bild öffnet ihm ein Fenster in die Realität, wo er sich befindet und welche er gerade malt.

In diesem künstlerischen Prozess wäre es ein Absurdum, immer ein Motiv zu wiederholen, eine einmal entdeckte Sichtweise zum Realitätsbild zu kanonisieren. Gerade das passiert aber immer wieder in der Wissenschaft, in den Gesellschaften, im Alltagsleben. Die Menschen sind oft in den Kreisen verfangen wie ein Hamster im Laufrad, wobei die Bewegungen keinesfalls vorwärts bringen. Die aufgezwungenen Tätigkeiten des gesellschaftlichen Wettrennens sind eine optische Täuschung, und sehen von außen betrachtet wie ein unbegreifliches Kräftespiel aus. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts entdecken immer mehr Menschen, daß sie in ein solchen endlosen Prozess involviert wurden, der kein Ende und keinen Sinn machte. Solche Erfahrungen machten die Massen in der Vergangenheit mobil, bis sie nach einer Phase, in der sie versuchten, ihr Leben umzugestalten, sich anschließend in einen neuen Zirkel verfingen.

Дурная голова ногам покоя не даёт.

Das Verhalten der Menschen ist nicht willkürlich, sondern eine regelmäßige Erscheinung seines Körpers, seiner Umgebung und seiner Geschichte. Einer der Grundsätze der Marktwirtschaft bildete die Regung eines Geschäftsführers, sich aus der Masse zu empören. Diese Regung ist universell und nimmt immer neue Formen an, wie in den altertümlichen Imperien, in den absolutistischen Staaten, in einem Konzertsaal oder in einem Wolfsrudel zu beobachten ist. Das Verhaltensmußter ist ein Zirkel, worin die Menschen scheinbar für immer verfangen sind. Isoliert betrachtet ist dieses Phänomen ohne große Bedeutung, nur in Massen, die darüber nicht aufgeklärt sind, können gefährliche gesellschaftliche Strudel und Verwirbelungen entstehen, worin die ganzen Gesellschaften und die Erdteile hineingezogen werden, wie schon zahlenmäßig in der Geschichten der Kriege, Revolutionen und gesellschaftlichen (Neu)Ordnungen dokumentiert wurde.

In einem solchen Verhaltenskreislauf gerät man nicht nur infolge von Unwissenheit, auch Lügen und Suggestion können das Gleiche bewirken, wie das die Geschichte der Genoziden zeigt. Menschen, zu Unmenschen ideologisch degradiert, wurden mit gleicher Gleichgültigkeit oder sogar Freude abgeschlachtet wie auch die Wale von den Waljägern. Motivation, Nützlichkeit oder Zweckmäßigkeit spielten dabei eine untergeordnete Rolle, das Abschlachten wurde als eine Notwendigkeit empfunden, obwohl es dabei nur um die Befriedigung des Jägerinstinktes ging.

Ideologien und Suggestion sind Symptome geistiger Sklerosierung. Seele, Reue, Zweifel, Lüge, Gewissen usw. sind Anzeichen der inneren Bewegung, ständiger Neuformung und Korrektur des Weltbildes, kontinuierlicher Selbstformung. Wenn man beginnt, andere Menschen nach eigenem Vorbild und nach eigener Vorstellung zu formen, zeugt das nur von dem Stillstand der eigenen Mentalität bzw. von der Verlagerung der Aktivität nach außen. Beim Export eines Denkmodels handelt es sich um die normierende Tätigkeit. Aber unter welchen Bedingungen ist eine solche seelische Tätigkeit sinnvoll? Ich denke, nicht als Versuch, andere umzustimmen und umzugestalten, sie zu beherrschen, sondern um bestimmte Standarts, die Normen der Geistigkeit einzuführen, diese Standarts zu halten, das Niveau, um den Stillstand der Mentalität permanent und präventiv zu verhindern.

Medicus curat, natura sanat.

Im technischen Zeitalter findet eine solche mißverstandene Verlagerung in die Produktion und bei der technischen Konstruktion der Umwelt statt (K 1047, 1049), obwohl der Progress nur als geistiger Progress sinnvoll ist, nicht als Reduktion der Intelligenz oder als Versuche, mentale Fähigkeiten an die Maschinen zu übertragen. Gegenwärtig werden die Menschen von den Zahlen beherrscht, die im Prozess der Vertechnisierung mißbraucht werden. Die Zahlen wurden erfunden, um die Entdeckungen zu beschreiben, sie sind Derivaten und Mittel der Intelligenz im Prozess der mentalen Entwicklung. Heutzutage behauptet man aber das Gegenteil davon, die Zahlen wären von den Menschen entdeckt. So stimmt es aber nicht. Man muß zwischen Entdeckung und Erfindung unterscheiden. Wissenschaft basiert auf Entdeckungen, Technik auf Erfindungen, wobei am Anfang des technischen 20. Jahrhunderts die Schriftsteller standen, die eine Zukunft dichteten und die industrielle Entwicklung ihres Jahrhunderts in ihren Romanen beliebig auslegten. Ihre Visionen wurden als Prophetie wahrgenommen, obwohl es auch andere Interpretationen der technischen Entwicklung gab. Dabei stellt die Technik einen menschlichen Versuch (oder auch die Versuche an den Menschen) dar, eigene Endlichkeit zu überwinden und einen Teil von sich in die jenseitige Ewigkeit zu übertragen. Die Technik ist eine psychologisch nützliche Illusion, eine Selbsttäuschung, die Allmacht-Phantasien aus der Ohnmacht-Gefühlen, um die Angst und die Ohnmacht zu kompensieren. Das Unterfangen des technischen und industriellen Zeitalters war in seiner Aussichtslosigkeit beispielhaft.

Das gleiche Wagnis repräsentiert die moderne Medizin, die auf den Allmachtphantasien der Ärzte baut, ohne über die Ursachen der Krankheit und der Gesundheit nachzudenken. Es gibt keine prinzipielle Unterschiede zwischen Erbkrankheiten und solchen, die infolge von ungünstigen Umweltfaktoren entstehen. Sie entwickeln sich auf gleichem Substrat, das sich infolge von Fehlentwicklungen oder Umwelteinflüßen pathologisch entartet. Defekte Erbsubstanz oder defekte Umwelt sind äthiologisch gleichbedeutend, aber nicht gleichwertig, es kommt nur auf die Konstellation an, die zur Entstehung und zur Progression der Pathologie führt. Wenn man verschiedene Komponente der Krankheit als gleichbedeutend betrachtet, kann man davon ausgehen, daß sie im Normalzustand bzw. bei der Heilung und bei der Krankheitsregression eine gleichbedeutende kompensatorische Rolle spielen können. Darauf baut die Pharmakologie auf, die versucht, die pathologische Entwicklung zu verhindern, aufzuhalten oder Rückgängig zu machen. Leider wird dabei das Potenzial der Medikamente maßlos überschätzt, und andere therapeutische Maßnahmen, falls sie überhaupt bekannt sind, vernachlässigt. Offensichtlich können schon klimatische und Lebensbedingungen, oder sogar heilende Worte, die Selbstheilungsprozesse entscheidend beeinflußen bzw. initiieren. Spezifische Einflüsse, die unmittelbar in die pathologische Prozesse eingreifen, sind zur Zeit nur in der Chirurgie bekannt. Die Intention der regenerativen Biologie besteht darin, die Verfahren zu entwickeln, um die Zellen und die Gewebe zu programmieren. Inwieweit eine solche Programmierung Erfolg haben wird, steht in den Sternen geschrieben.

Mens sana in corpore sano.

Wenn eine Krankheit entsteht, ist das schon zu spät. Die richtige Strategie wäre, eine regelmäßige diagnostische und korrigierende (prognostische) Vorsorge zu gewährleisten. Als offensichtliche Hindernisse auf diesem Weg bleiben der profane Umgang der Menschen mit ihrem eigenen Körper sowie weitgehend fehlenden naturwissenschaftliche und medizinische Kenntnisse. Nicht zuletzt spielen bei diesen Mißständen die gegenwärtigen Organisationsstrukturen der Gesellschaft, die verhindern, daß möglichst viele Menschen diese Kenntnisse erhalten, sowie angemessene Umgangsformen erlernen, um selbständig die Krankheiten zu vermeiden, die allein schon aus der Vernachlässigung einfachsten Regeln erfolgen (wie z.B. richtig Zähne putzen oder die Verhüttungsmittel zu benutzen).

Das Leben in seiner Gesamtheit ist ein großartiges Kunstwerk, die Technik ist ein fragwürdiges. Die Medizin, die Heilkunde, steht, genauso wie das Christentum, zwischen dem Leben und dem Tod, ohne sich für eine oder andere Seite zu entscheiden. Abgesehen von diesem Witz, kann man behaupten, daß die Technik einen Aberglauben darstellt, und aus dem Reich der Toten, wenn nicht sogar direkt aus der Hölle (2), kommt (K 675-676, 1048). Was ist mit dem Christentum?

Die einzige Radikalkur gegen Trinksucht ist Religionssucht. William James

Die Bedeutung kirchlicher Symbole, Rituale, Verhaltensregeln, Geboten und Tugenden können nur im gesamten Wissenszusammenhang verstanden werden (3). Das Christentum, abgesehen von seiner repressiven und gegen das Individuum gerichteten Grundhaltung, wofür das Kruzifix steht, ist ein Totenkult und ein Fruchtbarkeitskult zugleich (K 988). Es versucht (abgesehen von seinen zahlreichen Entartungen und aus ihm hervorgegangenen Falschlehren) die Verhältnisse zwischen dem Mensch und dem Rest der Welt zu ergründen, festzustellen und zu vermitteln. Seine Symbole: Weihnachten, Jesus- Kind, Maria, heilige Familie insgesamt, patriarchale Dreifaltigkeit, deuten auf das Offensichtliche, auf die reproduktive Intention (Vermehrungslust) der menschlichen Rasse um ihres willen, als Selbstzweck (K 733, 1601-1602). Diese Zielsetzung hat gute Gründe und schlimme Konsequenzen. Der Mensch hat eine der ineffizientesten Reproduktionsweisen, wenn man sie mit derer von anderen Lebewesen vergleicht. Reproduktion ist die wichtigste Qualität des Lebens, im Laufe der Evolution entstand eine unüberschaubare Vielfalt von Reproduktionsformen. Die menschliche Reproduktion ist mühsam, langsam, reich an Komplikationen, Kinder werden hilflos geboren und bleiben über unvergleichlich lange Zeit hilflos, Kindersterblichkeit ist groß bei gleichzeitig geringer Nachkommenzahl. Der einzige Vorteil im Vergleich zu anderen Arten scheint die Entwicklung menschlicher Intelligenz zu sein, die alleine das Fortbestehen menschlicher Rasse sicherte und von dem Aussterben bewahrte. In der jüngsten Zeit mit der Entwicklung technischer Verfahren werden immer mehr frühgeborene Kinder am Leben erhalten, sowie künstliche Befruchtungen durchgeführt, obwohl der biologische Sinn und die Konsequenzen einer solchen Kunstfertigkeit fragwürdig erscheinen, besonders wenn man den übermäßigen Bevölkerungswachstum und dadurch verursachten Ausfälle in transgenerationeller Remission des Wissens berücksichtigt.

Freiheit bedeutet nicht, man kann tun, was man will, sondern nicht tun, was man nicht will.

Was die Menschen von den Affen unterscheidet sind die transzendenten Erfahrungen, welche unmittelbare, gegebene Realität komplementieren und die bloße Rezeption in die Wahrnehmung verwandeln. Diese Erfahrungen sind deswegen transzendent, weil sie die transpersönlichen Überlieferungen darstellen, die aus ganz unterschiedlichen Zeiten stammen und unter sehr unterschiedlichen Umständen entstanden sind. Die Wissensremission (im Christentum als Katechese bekannt) ist der Schlüssel zur Verständigung der menschlichen Intelligenz und deren Vorstufen. Höhere Intelligenz, die als Vernunft bezeichnet wird, erscheint in dieser Welt als eine Mißbildung und Behinderung, aber nur weil sie zwischen niedrigen Intelligenzformen vorkommt. Diese letzte Intelligenz ist nur ein Hilfsinstrument, um unmittelbare Ziele zu erreichen, sie interessiert sich für die Mittel, und ist blind betreffend ihrer Zielsetzung. Im Gegenteil dazu ist die Vernunft eine Fähigkeit, zwischen Vernunft und Unvernunft zu unterscheiden, Ziele zu setzen und sie zu begründen. Die kirchliche Symbolik versucht, die höhere Intelligenz zu erhöhen und ihr eine Sonderstellung zu geben, wofür das Nimbus, der Heilige Geist und die Heiligsprechung stehen (K 747, 813, 1831). Die Technokraten träumen von der künstlichen Intelligenz nur, weil es offensichtlich an ihrer eigenen Intelligenz mangelt. Die künstliche Intelligenz muß als Prothese das ersetzen, was schon vorhanden ist, aber nicht in Gebrauch genommen kann, weil die Gebrauchsanweisung verloren gegangen ist. Gleichfalls haben die pharmakologischen Experimente, um die menschliche Intelligenz zu steigern, ihr Ziel verfehlt, und sind als sinnlos anzusehen. Allein das Buch bewährte sich in seinen zahlreichen Funktionen, und als die einzige effektive Droge zur Bewußtseinserweiterung bis heute gilt (es geht schließlich darum, die Menschen zu alphabetisieren, und die Nebenwirkungen, die aus der Unwissenheit entstehen, zu mindern).

Paradox der Kultur besteht darin, daß sie ihre eigene Ursprünge nicht kennt, und erst nachdem die Schriftlichkeit und andere Methoden der Selbstreflexion entwickelt werden, über sich selbst erfahren und den gegangene Weg rekonstruieren muß. Es waren Zeiten gegeben, in denen nicht einmal bekannt war, daß man beim Sex gegenseitige Lust empfinden kann (manche wissen es immer noch nicht). In nicht so entfernter Vergangenheit (1854) zweifelte man sogar daran, daß zwischen Geschlechtsverkehr und Schwangerschaft ein Zusammenhang besteht, wie das in der Verkündung von der Unbefleckten Empfängnis(4) Marias manifest wird (K 723-724). Viele Lebewesen bilden von dieser für die Menschen hundertprozentig gültigen Regel die Ausnahme. Muß auch der Mensch sich von seiner gegebenen Realität entfernen und sie verleugnen? Solche Versuche entziehen jeglicher Zweckmäßigkeit, stellen zweifellos eine irrtümliche Vorstellung dar, und sind sinnlose Spielereien einer gelangweilten wissenschaftlichen Gemeinschaft, die sich mit ihren Aufgaben - zu entdecken und zu vermitteln - nicht zufriedengibt, und beginnt, zu dichten und zu erfinden.

The future cannot be predicted, but future can be invented. Dennis Gabor.

Ich versuche zu deuten und zu vermitteln, ohne zu dichten. Das Ritual, Blumen als Zeichen der Liebe zu schenken, entspricht naturalistischen Erkenntnissen, daß sie die Geschlechtsorgane der Pflanzen darstellen, woraus dann die Früchte hervorgehen. Seltsam an diesem kultivierten Vor-dem-Sex-Spiel ist, daß man quasi die fremde (entfremdete?) Genitalien zeigt (weil sie „schöner“ erscheinen?), statt eigene zu entblösen und vorzuweisen. Viele Menschen können den Sinn dieser Rituale nicht nachvollziehen, weil sie ihre Sexualität infolge von kulturellen Mißverständnissen verdrängen. Dabei besteht zwischen Früchten, wie z.B. Apfel und Mensch, größere Übereinstimmung als man vermutet: Beide sind ausgereifte Körper, derer reproduktive Funktion ihre Samen offenbaren. Während Samen des Apfelbaumes sich in den meisten Fällen nicht weit weg von dem Stamm entfernen, oder höchstens von den Tieren weggetragen werden, hat der Mensch selbst zu entscheiden, wo die Samen ausgestreut werden bzw. ob das überhaupt zustande kommt. Wenn sie verneinen, darüber zu entscheiden, bringt das meistens Unglück.

Die kirchlichen Gebote betreffend Ehe, Sexpraktiken, Verhältnisse zwischen Geschlechtern, zwischen Eltern und Kinder, sind aus der Notwendigkeit entstanden, die Verbreitung von Geschlechtskrankheiten aufzuhalten, den übermäßigen Bevölkerungswachstum zu vermeiden und die Aufeinanderfolge der Generationen zu gewährleisten, obwohl all das in der Bibel und im Katechismus oft mit transzendenten Mystik umhüllt und begründet worden ist (5). Leider übersehen kirchliche Dogmatiker die Tatsachen, die zur Zeiten der Bibelschreibung nicht da gewesen waren bzw. schon damals ignoriert oder bereits aberkannt wurden. Bis in die Gegenwart Homosexualität herabzusetzen (K 2357-2359), Verhüttungsmittel nicht zu nutzen, um unerwünschte Schwangerschaften oder sexuell übertragbare Krankheiten zu verhindern, das biblische Familienbild zu kanonisieren und hervorzuheben bedeutet eine absichtliche Ignoranz, die nur aus unbegründetem Trotz fortbesteht und sich gegen die menschliche Würde richtet. Keine Garde der Welt kann den Heiligen Stuhl von der Wahrheit schützen. Die Vorstellungen, die als irrtümlich erkannt wurden und im Widerspruch zur Wahrheit stehen, müssen konsequent und ohne falsche Gefühle korrigiert werden (K 844). Nicht die Familie sondern die Kinder müssen vor Willkür der Familie und vor anderen Zwangsehen, zu denen zweifellos Demokratie und Staat angehören, geschützt werden.

Wahrheit schlägt Unwissenheit. Aus dieser Regel darf nur eine Ausnahme geben: Wahrheit darf nicht mit Gewalt vermittelt und durchgesetzt werden, die Wahrheitsvermittlung darf nicht in den Zwang entarten und mißbraucht werden, wie die Verhältnisse zwischen den 5. und 8. Geboten erfordern.

Mors certa, hora incerta.

Mit dem Tod beschäftigt sich die Kirche aus gleichem Anlaß wie mit dem Leben: Um diesem Ereignis eine Form zu geben und einen pädagogischen Sinn zu verleihen (K 997-1014). Auch die christliche Mystik bzw. der Aberglaube spielen dabei eine Rolle, die Vorstellungen über das Leben nach dem Tod, über das ewige Leben, über das Gottes- bzw. Höllenreich und über das Gottesgericht (K 1022, 1034, 1038). Epigenetik, die jetzt mit neuen Erkenntnissen die Karma-Lehre auferstehen lässt, beschäftigt sich gerade damit, was schon seit Jahrtausenden bekannt ist: Du sollst nicht töten, lügen usw., damit dein schlechtes Karma bzw. deine Sünde nicht auf die nachfolgenden Generationen übertragen werden, geschweige denn deinen eigenen Charakter und dein Schicksal prägen.

Das Abendmahl (auch Eucharistie genannt) stellt eine Verhaltensregel dar, die erlaubt, ein Kollektiv („Blutsverwandtschaft“) zu definieren und zusammenzuhalten. Innerhalb dieses Kollektivs wird die gemeinsame Gabe (bzw. gemeinschaftlich angeschaffte Beute oder Ertrag) aufgeteilt und aufgespeist, dieses Ritual verbietet gleichzeitig konkurierendes Verhalten, verhindert gegenseitigen Kampf, und lenkt von den falschen Gedanken, wie z.B. Kannibalismus und Nekrophagie, ab. Menschen haben Recht auf das Essen, und Tiere haben Recht, gefressen zu werden: Das ist die aktuelle Rechtslage. Muß das so weiter bleiben, besonders, wenn es dabei um die Wildtiere wie Fische handelt? Das Rechtssystem weitet sich in dem Maße aus, indem man verlernt, zu urteilen und zu verurteilen, d.h. zwischen richtig und falsch zu unterscheiden. Dabei ist nicht zu übersehen, daß der Ursprung von Unrecht und Umweltzerstörung in der Verneinung der Wahrheit und in der Realitätsverweigerung besteht.

Die Vorstellungen über das Recht und Unrecht, die u.a. als die berühmten 7 Todsünden an das Volk vermittelt wurden, war eine große Leistung des Christentums. Leider hat die laizistische Gewalt daraus aberhunderte, und bis in die Gegenwart abertausende Todsünden ausgemacht, so daß sich niemand mehr in diesem Paragraphen-Wald den Überblick behalten und verschaffen kann. Die Bibel des Marxismus (6), „Das Kapital“, hat ähnliches Schicksal erfahren wie die kirchliche Bibel. Die Bibel wurde vor hunderten von Jahren zusammengefasst, zum Teil aus mündlichen Überlieferungen zusammengesetzt, und ist nicht widerspruchsfrei, wie auch jeder andere Text (K 107). Die Ursprünge wurden dann später vergessen, so daß die Nachfolger dieser Verfasser die Mühe damit hatten, sie zu rekonstruieren und die Zusammenhänge nachzuvollziehen. Später erfolgte Interpretations- und Auslegungsarbeit, so daß der ursprüngliche Text hundert- und tausendfach mit Kommentaren und Zugaben überwuchs. Der Katechismus stellt den Versuch dar, diese Masse an Dokumenten, die alle die Bibel als Quelle hatten, auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, das Wesentliche herauszudistillieren und zu komprimieren.

Corruptissima re publica plurimae leges.

In dieser komprimierten Fassung des Christentums nehmen sittliche Gesetze und die Vorstellungen von Gut und Böse einen Ehrenplatz. Es gibt keine endgültige Gewißheit, dafür aber das Gewissen, das als „Gesetz des Geistes“ bezeichnet wird, (K 1776, 1778), ein moralisches Empfinden, das sich in der Erfahrung gründet. Im Gegensatz zur Rechtslehre, die aus früheren Rechtsvorstellungen hervorgegangen ist, u.a. aus den Geboten und sittlichen Vorstellungen der Kirche, legt Katechismus nur selten (und in manchen diesen seltenen Fällen auch falsch! K 2352) die Verhaltensregeln fest, dafür versucht zu vermitteln, was als gut oder schlecht angesehen werden kann oder muß, und überläßt das Individuum, nachdem ihm diese Vorstellungen übermittelt wurden, seinem Gewissen und seiner Urteilskraft. Es wäre für das Rechtssystem gut, sich auf einige ihrer Ursprünge zu besinnen, und nicht über die Menschen selbstherrlich zu urteilen, ohne selbst eine ausreichende Ahnung von diesen ursprünglichen Dingen vorzuweisen (7). Die Aufgabe, Wahrheit herauszufinden, berechtigt nicht zu Strafmaßnahmen, sondern letztendlich dazu, Heilsordnung aufrechtzuerhalten, die Gründe für Unwahrheit, Verirrung und Fehlhandlung zu erkennen, an die Gesellschaft zu vermitteln, sowie entsprechende Vorschläge vorzulegen, wie das in Zukuft vermieden werden kann. In einem krassen Gegensatz dazu steht die Rechtswissenschaft, die selbst zu Quelle des gesellschaftlichen Unheils geworden ist. Wenn das Verbrechen und Unrecht das Recht erfassen und unterwandern, gibt es kein Heil und Halt mehr.

Aequitas naturalis preferenda est rigori iuris.

Religion ist nicht bloß der Glaube an das Gute, sie ist ein Versuch, die Menschen, die aus den natürlichen Zusammenhang herausgefallen sind, zu einem Nenner zu bringen. Als Konsequenz daraus, daß die Menschen ihr Verhalten selbst bestimmen (wollen), müssen bestimmte Grenzen gezogen und die Verhaltensregeln beachtet werden, um nicht ins Chaos und in die Willkür abzustürzen. Die Gesellschaft existiert im ständigen Widerspruch zwischen Unordnung und Zwangsordnung. Aus diesem Grund können es keine endgültigen gesellschaftlichen Ordnungen geben, sie müssen bloß aufrechterhalten werden. Die Aufrecherhaltung des gesellschaftlichen Zusammenhangs und Zusammenhalts ist eine gemeinschaftliche Aufgabe und kann nicht einer Institution delegiert oder überlassen werden. Es kommt bloß darauf an, die Gefahren rechtzeitig zu erkennen (vorauszusehen) sowie die Maßnahmen zu ergreifen, um den aufrechten Gang der Menschheit zu gewährleisten.

Im Laufe der Geschichte wurden immer neue Heilsysteme entwickelt und eingesetzt, deren Intention war, die menschliche Gesellschaft zu regulieren: Religion, Medizin, Geld u.d.g. Diese Selbstexperimente haben nicht nur Erfahrung gebracht, sondern auch viel Unheil eingerichtet. Die zerstörerischen Folgeerscheinungen der Marktwirtschaft resultieren aus der Totalität dieses Systems, das seine ursprünglichen Ziele aus den Augen verloren hat. Das aktuelle wirtschaftliche („wir-schaffende“) System stellt ein riesiges Lotto-Spiel dar, innerhalb dessen die Meisten davon überzeugt wurden, daß sie glückselig werden, wenn sie die Spielregeln befolgen. Alle Bereiche des menschlichen Lebens wurden dieser Spielsucht untergeordnet: Arbeit, die angeblich zum Spaß ausgeführt wird und degradiert wurde; Herstellung von Wa(h)ren, die keinen anderen Sinn haben, als zu unterhalten und als Spielzeug zu dienen; landwirtschaftliche Produktion, woraus unnötigerweise abertausende Sorten von Brot, Käse und Süßigkeiten hergestellt werden; nicht einmal Bildung und Erziehung wurden von diesem satanistischen Spiel verschönt.

Die Menschen, die in einer solchen Gesellschaft nur perverse Vorstellungen voneinander und von der Welt haben, träumen davon, einmal den Jackpot zu knacken und abzuräumen. In Wirklichkeit räumen nur die Lotto-Gesellschaften ab, die Banken. Bill Gates ist einer von diesen Spielern, der zufällig 6 richtige angekreuzt hat: Sein Reichtum und Einfluß haben keine andere Begründung. Die Computer-Industrie wurde von vielen einzelnen Spielern - Ingeneuren, Wissenschaftlern, Fabrikarbeitern - aufgebaut, die alle daran glauben, ihren Glückstag zu erleben. In diesem Spiel spielen sowohl das Leben als auch der Tod eine untergeordnete Rolle, die Spielregeln verlangen sogar, für den Verlust mit dem eigenen oder fremden Leben aufzukommen. Alle übersehen, daß das Spiel außer Kontrolle geraten ist, zum Selbstzweck geworden ist, und wird eines Tages in eine große Schießerei enden, wenn man es nicht aufhält. Die zwei Weltkriege und die neuzeitliche Kriege in Asien (Tschetschenien, Irak) sind Teil des Lotto-Spiels, woran die Waffen-Produzenten und Lieferanten zuverdient und viele andere unfreiwillige Spielteilnehmer ihr Leben verloren haben.

Ex oriente lux.

In der Glanzzeit des Christentums, die vorüberging, weil die Kirche selbst vom rechten Weg abhanden gekommen ist, prägten religiöse Kulte das Bewußtsein von Künstlern, Schriftstellern, Architekten, Wissenschaftlern, Politikern, die unter Einfluß und Leitung der Kirche diese religiöse Vorstellungen in ihren Werken zum Ausdruck brachten und das Kirchenwerk mitgestaltet haben. Wie Spiegelreflexe des Glaubens und des Christentums wurden diese Werke von der Bevölkerung reflektiert und aufgenommen, so daß die gesamte Gesellschaft schließlich davon wie von dem Sonnenlicht überflutet wurde (an dieser Stelle muß man wahrheitsgemäß in Erwähnung bringen, daß der Ursprung dieses Lichtspiels im Orient lag und in die nördlichen Gebiete immer wieder neu exportiert und weitergetragen wurde, worüber man später nur ungern erinnerte). Totaler Charakter dieser Beeinflußung und die ästhetischen Qualitäten dieses Gesamtkunstwerkes sind faszinierend. Dennoch war diese Entwicklung nicht kontinuierlich und widerspruchsfrei, und wies nicht nur die hellen Seiten auf, sondern zeichnete sich u.a. durch eine ungeheuere Dominanz kirchlicher Institutionen, so daß gerade diese die Kräfte entfesselten, die dieses prachtvolle Kunstwerk überschatteten und erschütterten. Inquisition, Glaubenskriege und blinder Fanatismus legten viele Errungenschaften der Kirche in Schutt und Asche, verbreiteten tiefe Skepsis nicht nur im Volk sondern auch in ihren eigenen Reihen. Die christliche Theologie, die sich mit der Begründung und Verteidigung der christlichen Dogmatik befasst, befindet sich seitdem in einer tiefgründigen Sinnkrise. Die Ursachen dafür sind bekannt: Zahlreiche Komplizenschaften mit der Macht, das Verbrechen in eigenen Reihen und das gesegnete Unrecht. Diese Krisenentwicklung, die seit der Reformationszeit und seit der Renaissance kontinuierlich immer schärfere Konturen annimmt, machte die katholische Kirche und ihre zahlreichen Splittergruppen nur für wenig gebildete Bevölkerungsgruppen empfindlich und annehmbar. Ihre Machtpositionen hat sie längst verloren, ihre karitativen Aufgaben werden zunehmend von anderen gesellschaftlichen Gruppen übernommen. Die aktuelle Situation stellt diese religiöse Strömung vor einem sehr ernsthaftem Problem, nur durch einen fanatischen Glauben ihrer Anhängerschaft zu bestehen. Das war keineswegs Intention der Kirchenväter früherer Zeit, geschweige denn derer Gründergemeinde. Das Christentum hat kaum noch Intellektuelle in seinen Reihen (dafür aber Präsidenten!), und das ist mit den Gefahren des Rückfalls und Zerfalls verbunden.

Tempora mutantur, et nos mutamur in illis.

Eine Organisation und eine Bewegung, die ihre schöpferischen Kräfte verliert, ist nicht lebensfähig, und kann sich mit veralteten oder verschwundenen Inhalten nicht erneuern. Die Kirche braucht eine Erneuerung, um den Kern des Christentums zu erhalten und in die Zukunft zu tragen. Wie kann diese Erneuerung aussehen?

Für das Christentum gibt es nur eine Chance: Zum Ursprung dieser religiösen Bewegung zu gehen. Von den Ausgangs- und Standpunkt dieser Vergangenheit kann man sowohl die Gegenwart als auch die Zukunft klar überblicken, was immer schon einer der begehrtesten Wünsche der Menschen war. Diese Zukunft kann man auch gestallten, wenn man sie voraussieht (K 677-679, 840 im Gegensatz zu 673), und das kann nur in der Gegenwart geschehen. Nichts ist flüchtiger als die Gegenwart, aber das ist einzige, was existiert. Und diese Realität muß man wahrnehmen und so gestalten, daß sie lebenswert wird.

Osiris • Sirius • Isis • Anubis • GOD • chain • catena causale • node • unus • infinitas infinitio • omnia mutantur • repetita juvant • imperium in imperio

Die Beschwörung der Glaubensstärke, die Aufforderung, sich fast fanatisch dem Glauben zu unterwerfen, die für die Anhänger und Insider als selbstverständlich erscheint, dient u.a. dazu, den Einflüßen und Versuchungen der Massengesellschaft zu widerstehen und gegen diese zu bestehen, was für die Glaubensgemeinde leichter zu erreichen ist. Leider hat die Kirche auf diesem Weg das Bündnis mit der staatlichen Gewalt geschlossen: Mit Armee, Justiz u.d.g. Sie hat sich dadurch korrumpiert und von ihren eigenen Glaubenssätzen abgewendet. Dieser Verrat blieb nicht ohne Folgen: Die Kirche hat ihre Anhängerschaft und Glaubwürdigkeit verloren. Die Gewalt wurde zu absoluter Gewalt, hat sich verselbständigt und die Kirche selbst geschlagen. Seitdem herrscht Demokratie und Demagogie, wobei den noch gebliebenen Anhängern der Kirche, die nicht als Amt und Amtssitz zu verstehen ist (K 751), die Opfer dieser Schreckensherrschaft überlassen werden, oder, noch deutlicher ausgesprochen, deren noch lebenden Überreste, zur Sterbebegleitung (K 675).

A democratic despotism is like a theocracy: it assumes its own correctness. Walter Bagehot 

Es muß anerkannt werden, daß es nicht möglich ist, den Leuten etwas zu erzählen und aufzuzwingen, was unglaubwürdig erscheint und woran man selbst nicht glaubt, ohne jegliche Glaubwürdigkeit zu verlieren. Gerade das ist mit dem Christentum geschehen. Weiter in die Bedeutungslosigkeit zu fallen geht es nicht. Die kirchliche Dogmatik muß ihre Unfehlbarkeit, die etwa im Sinne der Unfehlbarkeit des Papstes innerhalb der katholischen Kirche interpretiert wird, widersprechen (K 891). Irren ist menschlich, und die Kirche darf keine Ausnahme aus dieser Regel bleiben. Nur durch Anerkennung eigener Fehlleistungen kann man die Last der Vergangenheit in den fruchtbaren Boden verwandeln, woraus neue Ideen und Taten erwachsen können (K 755). Abgesehen von der Vorstellung über das Jüngste Gericht, die der Abgeschlossenheit der christlichen Heilsordnung widerspricht (K 66), wird es immer neue Offenbarungen geben, die erkannt und in den Wissenszusammenhang einbezogen werden müssen. Die aufklärerischen Traditionen des Christentums müssen zum neuen Leben erwachen, auch im Sinne von Selbstaufklärung.

De omnibus dubitandum.

Zweitens, mit der zunehmenden Übergabe ihrer karitativen Betätigungsfelder muß die Kirche ihre alten und neuen Aufgaben wahrnehmen und übernehmen. Menschen brauchen Führung (keine Bevormundung) mehr denn je, daran ändert die gegenwärtige wissenschaftlich-technische Entwicklung mit ihrem scheinbaren und scheinheiligen Aufgeklärtsein nichts. Die politischen Aktivitäten, die Beteiligung an politischen Parteien und Gruppen wäre der falsche Weg und eine sinnlose Kräftezerstreuung. Meiner Meinung nach, besteht diese neue alte Aufgabe darin, eine führende Rolle bei der Schaffung des Weltfriedens zu übernehmen (das 5. Gebot). Der Frieden, der auf der Balance von strategischen Atomwaffen basiert, und die Welt, die von unzähligen partikularen Interessen und in rivalisierende Gruppen gespalten ist, ist kein Weltfrieden sondern ein Irrenhaus. Wir müssen die Welt nicht vereinigen oder unter eigener Kontrolle bringen, sondern zuerst nur eine Botschaft übermitteln: Ohne Frieden gibt es keine Zukunft. Auf die Vermittlung dieser einen Botschaft müssen zuerst die verfügbaren Ressourcen gebündelt werden. Erst wenn diese Vermittlung in den meisten Teilen der Welt gelingt, kann die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft geweckt und das Mißtrauen geschwächt oder sogar gebrochen werden. Die Menschen haben eine gemeinsame Vergangenheit, obwohl sie daran ständig vergessen; gleichfalls magelt es ihnen stets an einer gemeinsamen Zukunft. Statt den Krieg vorzubereiten und zu führen, sollte man Frieden, Verständigung, hilfeleistende Kooperation und allgemeinen Wohlstand anstreben und erhalten. Und das kann nicht funktionieren, ohne daß man damit aufhört, die Umwelt zu zerstören, die Grenzen zu überschreiten, grenzenlos zu agieren, zu produzieren und zu handeln. Die Menschheit muß sich von den weltherrschaftlichen Ordnungsphantasien der Globalisierung abwenden, um sich in einer tätigen Ruhe, im Ungestörtsein, den lokalen Aufgaben zu widmen, die das friedliche Zusammenleben ermöglichen. Unruhe ist die Quelle des Unheils, die Unruhestifter muß man zur Besinnung bringen. >>> Bene docet, qui bene distinguit.

Drittens, die religiose Gefühle müssen eine neue Dimension erfahren. Im Kontext dessen, was bereits über die Religiosität gesagt wurde, gibt es keine gute oder schlechte Religion, bloß nur die Unfähigkeit, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Die Fähigkeit, dazwischen zu unterscheiden ist nicht angeboren, sie muß von jedem einzelnen erlernt werden. Zu diesem Lernprozeß kann lediglich nur die Hillfe geleistet werden, worin die pädagogische Aufgabe der Glaubenssysteme besteht. Zwischen zahlreichen Religionen dieser gespaltenen Welt besteht kein Widerspruch, sie beschäftigen sich alle mit der Frage, wie man gemeinschaftliches Leben ordnet. Der Widerspruch zwischen ihnen entsteht, wenn man in der Vergangenheit verbleibt und Realität aus den Augen verliert, einander widerspricht und miteinander streitet, statt einen Dialog zu führen und einander anzuhören. Die Gründe dafür sind vielfältig: Das konkurierende Verhalten um Macht und Einfluß, die ständigen Versuche, Macht zu ergreifen und an sich zu ziehen, andere zu beherrschen, die immer wiederkehrenden Herrschaftsphantasien, der Mangel an Respekt voneinander, die Versuche, eine führende Rolle und eine übergeordnete Stellung zu beanspruchen, sich über die anderen zu stellen und zu erheben. Die Lösung gegen dieses Unheil wären dann nicht etwa Gleichheit oder Freiheit, die sich bei genauer Betrachtung als Demokratie und Willkür erweisen (K 57, 1739-1740), sondern Autonomie und Verantwortung: Jeder hat eigene Angelegenheiten selbst zu regeln, ohne sich in die Angelegenheiten anderer einzumischen, sowie für eigenes Handeln volle Verantwortung zu übernehmen. Man muß das Individuelle und das Individuum als eine Gegebenheit wahrnehmen und als höchstes Recht anerkennen, ohne das Gemeinsame zu vernachlässigen, Abstand halten, ohne sich einander aus den Augen zu verlieren, sich einander nah kommen, wenn es dafür Gründe gibt, und auseinander gehen und voneinander trennen, wenn man nicht mehr erwünscht wird. Diese Verhaltensweisen kann man und muß man lernen, weil sie nicht selbstverständlich sind. Auf diesem Lernweg werden immer die Rückschläge geben, die Richtung und den Weg muß man aber immer wieder geduldig und rücksichtsvoll aufnehmen und fortsetzen. Mit Gewalt und Hast wird es nicht gehen. >>> Ira furor brevis est.

Viertens, der Glauben in seiner erneuerten Funktion muß sehr kritisch werden. Aus den Erfahrungen müssen Konsequenzen gezogen werden. Die Bibel ist die poetische Sprache des Christentums, es muß aber anerkannt werden, daß schon in der vorchristlichen Zeit die Sprachen und Kulturen existierten, die bis in die Gegenwart ihre prägende Rolle behalten: Babylonien, Ägypten, Israel, Indien, wobei der Hellenismus als das Verbindungsglied zwischen Altertum und Neuzeit anzusehen ist. Hellenismus muß eine neue Renaissance erleben, und nebst anderen, auf diesem Stamm gewachsenen Zweigen gepflegt und unterstützt werden. Der Baum der Zivilisation muß in seiner Gesamtheit wahrgenommen werden, nicht nur die frisch gewachsene Blätter. Mit Worten von Kierkegaard kann man sagen, daß man zuviel Wissen bekommen aber zu wenig damit angefangen hat (weil man zu viel durch die Kriege und Streitigkeiten verloren hat, und dazu noch oft das Falsche getan). Mit dieser Tradition muß gebrochen werden. Die Welt der westlichen Staaten ist nicht minder unwissend als die Gegenteile davon. Alle diese Gegenteile müssen voneinander erfahren, dieser Erfahrungsprozess muß vermittelt und koordiniert werden, damit keine Mißverständnisse entstehen und keine Unwissenheiten den Dialog behindern. Die Sprache muß neu erlernt werden. Ideologien und Kriegsführung stellen den äußersten Fall des Sprachmißbrauchs dar, weil die Sprache dem Zweck dient, sich zu verständigen und zu verbinden, nicht um die Einheit des Denkens anzustreben oder aufzuhetzen (K 715). Vorsätzliche Lügen müssen gnadenlos entlarvt und offensichtliche Wahrheiten ruhig ausgesprochen werden: Das ist das Mindeste, was man über die Wahrheit und Lüge kennt (K 692, 2465, und das 8. Gebot).

In a time of deceit telling the truth is an revolutionary act.
George Orwell.

Über die Bedeutung von Zahlen 3, 5, 8 und über derer Verhältnisse wurde bereits aufgeklärt. Rußland, die russische Führung wurden mehrmals angemahnt, im Sinne dieser Zeichen zu agieren und diesen Symbolen, die nicht zufällig über den Moskauer Kreml aufgestellt wurden, wo sie aus der himmlischen Höhe leuchten, zu dienen(8). Entweihte und entsinnte Symbole bringen Unglück, wie das die Geschichte des Hakenkreuzes (9) in aller Deutlichkeit zeigt. Die Heilige Stadt (damit ist weder Moskau noch Vatikan gemeint), die Heilige Familie und der Geist der Wahrheit verlangen Umkehr zum allgemeinen Wohlsein, das nur durch die Achtung der Wahrheit und im Frieden erlangt werden kann. Es ist Zeit gekommen, den Jesus vom Kreuz zu nehmen (10), seine tiefen Wunden mit Tränen der Reue auszugleichen und mit Glauben auszuheilen.

Literatur.

Die Bibel.
Karl Marx. Das Kapital, 1867-1894.
Karlheinz Deschner. Das Kreuz mit der Kirche, 1973.
Oliver Sacks. Awakenings - Zeit des Erwachens, 1973/1991.
Der Katechismus der Katholischen Kirche, 1992.
Jonathan Weiner. Time, Love, Memory, 1999.
Gore Vidal. Perpetual war for perpetual peace, 2002.
Transgenerational response to nutrition, early life circumstances and longevity. Kaati G, Bygren LO, Pembrey M, Sjöström M. Eur J Hum Genet. 2007 Jul;15(7):784-90. PMID: 17457370.
Andrej Poleev. Form und Formlosigkeit, 2006.
Wolinsky H. Paths to acceptance. The advancement of scientific knowledge is an uphill struggle against 'accepted wisdom'. EMBO Rep. 2008 May;9(5):416-8. PMID: 18451765.

Bemerkungen

1 Bis heute nennt man den Teil des Universums, wo wir uns befinden, die Milchstraße, was seinen Ursprung in altgriechischen Weltvorstellungen hat: Das Wort Galaxie wurde aus dem altgriechischen Wortgebrauch herausgenommen und in einen anderen Sinnzusammenhang übertragen, obwohl die Menschheit aus diesem Alter längst ausgewachsen ist, nicht aber die Wissenschaft, die ihre Begriffe immer noch aus dem Altgriechischen schöpft. return

2 Die Anspielung auf die höllische Ursprung der Technik hat ihre Berechtigung, wenn man bedenkt, daß die schwarze Erdenblut in den Blutgefäßen der Maschienen zirkuliert. Überhaupt, die christlich-mythologischen Vorstellungen von der Hölle decken sich fast hundertprozentig mit den Realitäten der maschinenbetriebenen Industriegesellschaft. Die Parallelen gehen noch weiter, da die von den Menschen erschaffene Monster die Herrschaft übernehmen, derer Lebensgrundlagen zerstören und sogar ihre Lebensmittel im großen Stil verspeisen. return

3 Katholizismus hat versucht, eine selbstregulierende eugenische Gemeinde zu etablieren, die unter Führung der Kirche und mittels Bündel von Regeln zusammengehalten wurde. Das Regelwerk der Subordinierung ergänzten Instituten der Beichte, der Eheschließung, der Pateneltern, der Taufe und andere, die alle darauf zielten, einen chrislichen Mensch zu erschaffen. Viele von diesen Traditionen waren sinnvolle Innovationen, die gut und zweckgemäß funktionierten. Im Laufe der Sekularisierung wurden sie zerstört, an derer Stelle kam die Orthodoxie der Wissenschaft und Technik, die mit ihrer scheinbaren Rationalität die Gemeinde zerstörte, was unaufhaltsames Bevölkerungswachstum, Entwurzelung, Umweltzerstörung und allgemeine Intelligenzminderung bewirkte. Das katholische Institut der Ehe mit Beigaben bei Eheschließung, Heiligkeit der Ehe und anderen Attributen diente dem Zweck, der Verantwortungslosigkeit einer heterosexuellen Lebensweise in Bezug auf die Kinder ein Ende zu setzen. Diese Zweckmäßigkeit der Eheschließung ging in dem 20. Jahrhundert vollständig verloren, so daß die unbegrenzte Vermehrung der heterosexuellen Mehrheit und die rassistisch betriebe Fortpflanzung des europäischen Völkes zu einem narzistischen Selbstzweck geworden ist. return

4 In der christlichen Mythologie werden sowohl Gottes- als auch Teufelssohn auf eine wunderbare Weise, die keine Einwirkung eines irdischen Vaters benötigt, gezeugt. Abgesehen von der Ambivalenz der Gefühle in Bezug auf die Sprösslinge, die entweder in derer Vergöttlichung oder Verteufelung übergeht, handelt es sich bei der Geschichte von der unbefleckten Empfängnis vermutlich um die Versuche, den Wert des Kindes unabhängig dessen Ursprung hervorzuheben. Da es untreuen Frauen samt ihrer Kinder allerlei Strafen drohten, die bis zu offentlichen Steinigungen gingen, hatte antike Gedanke versucht, die Ungerechtigkeit abzumildern und mittels der Mythenschöpfung den Stein auf dem Weg des Zorns zu legen. Die irrgläubischen Vorstellungen der Männer, die Frauen seien ihr Eigentum, sowie der Eltern, die Kinder seien ihr Eigentum, resultieren immer wieder in Streitigkeiten, derer erste Opfer immer die Kinder sind. Es hat lange gedauert, bis die unehelichen Kindern vom Stigma der Ungesetzlichkeit befreit wurden. return

5 Vor der Erfindung solcher Verhüttungsmittel wie Condom war die biblische Lektüre eine der gängigen Praktiken, um die menschliche Libido zu dämpfen, den Sexualtrieb zu sublimieren und die Aufmerksamkeit der Menschen von der Kopulationslust abzulenken. Obwohl seit dieser Zeit eine Reihe von neuen und effektiven Verhütungsmethoden erfunden wurde, verweigert die Katholische Kirche, diese zu segnen, offensichtlich aus dem gleichen Grund, wie jede veraltete Produktions-, Lebens- und Denkweise dem Neuen gegenübersteht. Auf die gleiche Weise verhindert die Autoindustrie seit bereits 100 Jahren, die längst veraltete und überholte Technik eines Verbrennungsmotors durch bessere und ökologische Verfahren zu ersetzen. In diesem Zusammenhang ist angebracht, auf die etymologische Verbindung zwischen Wortpaaren, die nicht nur durch ihre Homophonie auffallen sondern auch semantisch nah zueinander liegen, hinzuweisen: Geld vs. Gelding und Kassieren vs. Kastrieren.
A gelding is a castrated animal — in English, the term specifically refers to a castrated male horse or other equine such as a donkey or a mule. As a verb, it also refers to the castration procedure itself. The word comes from the Old Norse geldr ("barren"). Castration, and the elimination of hormonally-driven behavior associated with a stallion, allows a male horse to be calmer and better-behaved, making the animal quieter, gentler and potentially more suitable as an everyday working animal. return

6 Sozialismus, Kommunismus, Faschismus wie auch Mechanismus sind termini technici der Ingeneure und Konstrukteure des Soziums, das längst von solchen Experimenten entstellt, verunstaltet und verstümmelt ist. Die in der deutschen Sprache gebräuchliche Bezeichnung „Gesellschaft“ (als Vereinigung der Gesellen, Handwerker und Facharbeiter, die eine kooperative Arbeit betreiben) ist bereits von dem ursprunglichen Sinn „Gemeinschaft“ (russisch общество, община) abgekoppelt. return

7 In der deutschen Sprache ereignete sich eine vollständige Verfälschung juristischer Begriffe. So z.B. spielt ein Staatsanwalt die Rolle eines Anklägers (гособвинителя), der im Namen seines Auftraggebers, eines souverenen Staates, die verletzten Rechtsnormen verteidigt, das Recht spricht und die Rechtsverletzungen bestraft. In diesem Sinne gleichen sich die Funktionen eines englischen prosecutors und deutschen Staatsanwalts, während die russische Bezeichnung прокурор immer noch ihre ursprungliche Bedeutung behalten hat. Das lateinische Wort prōcūrātor bezeichnete einen Manager, Aufseher, Superintendanten oder auch Volksvertreter in der römischen Demokratie, der Bevollmächtigte, Delegierte bzw. Deputat war, während das Ursprungswort cūra mehrere Bedeutungen hatte: Die Sorge um etwas oder jemandem; Aufsicht, Leitung, Regulierung; medizinische Behandlung; Kultivierung; Schreibtätigkeit; Richtigkeit, Akkuratesse, Sorgfalt. return

8 Das Gegenüberstehen zweier Symbole: einerseits eines fünfeckigen Stern, wie sie über Moskauer Kreml zu sehen sind, und andererseits einer Pyramide mit abgetrennter Spitze, wie auf einem Amerikanischen Geldschein, spiegelt zwei im Wesentlichen verschiedene Weltverständnisse wieder. Ein fünfeckige Stern symbolisiert eine kosmische Harmonie, die man wahrnehmen, richtig interpretieren und befolgen muß, um jedes persönliche und gesellschaftliche Leben im Einklang mit dem Kosmischen zu führen. Für jeden, der feinfühlig, geduldig und lernfähig ist, ist diese Harmonie unmittelbar zugänglich. Im Gegensatz dazu, knüpft die Pyramide an die Olympische Vorstellung der Welt, dementsprechend herrscht im Kosmos das Chaos, das nur durch die göttliche Führung „geregelt“ wird. Nicht zufällig werden die Guillotine, der Adler und die Bergspitze zu Symbolen selbsternannten „Olympischen Götter“, die sich von den irdischen Realitäten abheben und von den verwalteten Massen trennen, aber in Wirklichkeit an der Stelle der göttlichen Vorsehung treten, um die Macht und eine exklusive gesellschaftliche Stellung zu usurpieren. Die Verhinderung des Wohlstand und Wissen, die Verbreitung von Chaos und Feindseligkeit im Volk werden zu Instrumenten der Beherrschung der Massen und zum Machterhalt über ihnen. So z.B. wird die Zinserhebung bei der Kreditvergabe zum Instrument, wodurch eine gesellschaftliche Ungleichheit erzeugt und erhalten wird, so daß die Geldgeber immer reicher und die Kreditnehmer für immer arm bleiben, im Extremfall versklavt, inhaftiert oder in den Tod getrieben werden. Das Wuchern wird in vielen gesellschaftlichen Konzepten und seit alters her getadelt, nicht aber in der Bibel. return

9 Die Bezeichnung „Swastika“ kommt aus dem Sanskrit und bedeutet „sich wohlfühlen“. Das Swastika-Zeichen (Hakenkreuz) kommt in den indischen und fernöstlichen Kulturen in zwei Grundformen vor; in seiner „Unglücks-Form“ mit rechtsläufigen Haken wurde das Hakenkreuz von den deutschen Nationalsozialisten mißbraucht. „Glück“ ist eine Fiktion im Dienst jeweiliges ideologischen Systems, dessen Ideologen und Steuerleute diesen Scheinbegriff immer wieder mit neuen Inhalten ausfüllen, um den Köder attraktiv zu gestalten und den Volksmassen glaubhaft zu machen, sich in greifbarer Nähe zum Glück zu befinden. Genauso wie die industriell hergestellten Waren ein Ersatz für den Lebensinhalt sind, und der Kommunismus ein Trugbild der Zukunft und der Lebensperspektive darstellt, wirkt die fata morgana des Glücks berauschend, gibt falsche Ziele vor, und verschleiert Realität. Streben nach (mehr) Glück wird zur Quelle des Unglücklichseins und zum Griff ins Leere. return

10 Die Äußerung von F. Nietzsche: „Gott ist tot“, die ihn berühmt machte, enthält keinen philosophischen Neufund: Sie ist keine Erkenntnis sondern eine Feststellung der Tatsachen, die man nicht übersehen kann. Die Betrachtung eines zu Tode gefolterten Gott mußte eine tief demoralisierende und abschreckende Wirkung auf die Gläubiger haben, die aus Verzweiflung geneigt waren, heuchlerisch ihre Religion auszuüben, ihren Glauben zu imitieren, mit dem Atheismus zu sympathisieren und in ihrem Leben sich von atheistischen Grundsätzen leiten zu lassen. return


Bei der Zusammenstellung von Illustrationen wurden folgende Quellen verwendet: Google image search, Corbis, deviantART, sowie einzelne Kunstwerke folgender Künstler reproduziert: Lynette Cook, cornproduct, Jocked, Max Mitenkov, Lucian Stanculescu.

 

Ich möchte den Sinngehalt eines bekannten Symbol erweitern und ihm eine neue Symbolkraft geben. M ist erste Buchstabe des russischen Wortes Мир, was gleichzeitig Frieden und Welt bedeutet. Der gespiegelte M liest sich wie W, der erste Buchstabe der Worte Welt, world, sowie Wort, word. Wenn man noch den Menschen als Spiegelbild der Natur und der Welt versteht, und seine Weltvorstellung als eine Sprachkonstruktion, werden die Verhältnisse in einem begrifflichen Netzwerk evident. Das Wellenmuster im Spiegelbild soll diese sinnliche Verbindung verdeutlichen: W wie Wasser, water, und Welle, wave. M steht auch für den Mann, man, und W für die Frau, woman. Das römische Symbol M bezeichnete die Zahl 1.000, und V bedeutete 5. Weil aber das fünfte biblische Gebot das Friedensgebot ist, wird M in diesem Zusammenhang als „das Jahrtausend des Friedens“ gelesen. Nach Tausend Friedensjahren wird der Frieden in alle Ewigkeit fortbestehen. >>> Semper fidelis.

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